Ratgeber Streichinstrumente

Unser Basisratgeber richtet sich an Einsteiger, die sich einen Überblick über die charakteristischen Eigenschaften und Besonderheiten von Streichinstrumenten verschaffen möchten.

1. Was ist ein Streichinstrument?

Saiteninstrumente

Streichinstrumente gehören zur Gruppe der Saiteninstrumente. Als Saiteninstrumente werden alle Musikinstrumente bezeichnet, bei denen – auf welche Art auch immer – eine oder mehrere gespannte Saiten dazu dienen, Töne zu erzeugen. Nach diesem Gesichtspunkt kann man übrigens auch das akustische Klavier den Saiteninstrumenten zuordnen, denn die Schwingungen (und damit letztendlich die Töne) werden bei einem Klavier ja dadurch erzeugt, dass Hämmerchen die zugehörigen Saiten im Klavier anschlagen.

Zupfinstrumente und Streichinstrumente

Während die Saiten bei Zupfinstrumenten(hierzu gehört zum Beispiel die Gitarre) mit den Fingern, einem Plektrum oder anderen Hilfsmitteln gezupft bzw. angeschlagen werden, werden die Saiten bei Streichinstrumenten (hierzu gehört zum Beispiel die Geige) zum überwiegenden Teil mit einem Bogen oder anderen Hilfsmitteln gestrichen, um sie in Schwingung zu versetzen. "Zum überwiegenden Teil" deshalb, weil man natürlich auch ein Streichinstrument mit dem Finger zupfen kann, um mit dieser Spieltechnik bestimmte Akzente zu setzen bzw. dem Klang einen anderen Charakter zu verleihen.

2. Welche Instrumente gehören zu den Streichinstrumenten?

Violine

Geigenspielerin

Die Violine gehört zu den Viola-da-braccio-Instrumenten

Alternative umgangssprachliche Bezeichnung: Geige

Die Violine hat vier Saiten: g-d-a-e. Wie auch die anderen Streichinstrumente hat die Violine keine Bünde. Die Violine gehört zu den "Viola-da-braccio"-Instrumenten. "Braccio" ist das italienische Wort für "Arm". "Viola-da-braccio"-Instrumente werden auch als "Armgeigen" bezeichnet – im Unterschied zu den sogenannten "Viola-da-gamba"-Instrumenten (ital. "gamba" = Bein), die beim Spielen zwischen den Beinen gehalten werden.

Viola

Vergleich zwischen Violine und Viola. Quelle: wikipedia.org/Frinck51

Vergleich zwischen Violine und Viola. Quelle: wikipedia.org/Frinck51

In Deutschland gebräuchlicher, umgangssprachlicher Name: Bratsche

Die Bratsche ist etwas größer als die Violine und tiefer gestimmt als diese. Wie die Violine verfügt auch die Bratsche über die Saiten g-d-a. Aber während die Violine diese drei Saiten durch die hohe e-Saite ergänzt, ist die vierte Saite bei der Viola das tiefe c. Ihre vier Saiten lauten also auf c-g-d-a. Im Orchester ist der Viola die Alt-Stimmlage zugeordnet. Es gibt kleinere und größere Violen. Kinderbratschen entsprechen hinsichtlich ihrer Größe etwa der Violine.

Violoncello

Cello spielt man im Sitzen. Quelle: wikipedia.org/Petra Klawikowski

Cello spielt man im Sitzen. Quelle: wikipedia.org/Petra Klawikowski

Gebräuchliche Kurzform: Cello, umgangssprachliche, deutsche Bezeichnung: (kleine) Bassgeige

Hinsichtlich der Bauform ist das Violoncello seinen Verwandten, der Violine und der Viola, sehr ähnlich. Das Cello ist jedoch um einiges größer als die Geige und die Bratsche. Außerdem wird es zwischen den Beinen stehend gespielt ("Viola-da-gamba"-Instrument, siehe auch Erklärung bei Violine). Der Cellist oder die Cellistin sitzt während des Spielens und das Violoncello wird auf einem ausziehbaren Stachel auf dem Boden abgestützt. Das Cello ist eine Oktave tiefer gestimmt als die Bratsche und wird in der Kammermusik und im Orchester meist als Bassinstrument eingesetzt.

Kontrabass

Einsatz des Kontrabass im Jazz. Quelle: wikipedia.org/OhWeh

Einsatz des Kontrabass im Jazz. Quelle: wikipedia.org/OhWeh

Veraltete, nicht mehr so gebräuchliche, alternative Bezeichnung: (große) Bassgeige

Unter den gängigen Streichinstrumenten ist der Kontrabass das tiefste und auch größte Instrument. Im Gegensatz zur Violine, zur Viola und zum Violoncello hat der Kontrabass Stimmwirbel aus Metall. Kontrabässe gibt es in verschiedenen Mensuren, wobei der ¾-Bass (bei Erwachsenen) am weitesten verbreitet ist. Die meisten Kontrabässe haben vier Saiten, aber fünf Saiten sind, vor allem bei fortgeschrittenen Musikern, ebenfalls durchaus üblich.

Gespielt wird der Kontrabass im Stehen oder im Sitzen, wobei für das Spiel im Sitzen ein relativ hoher Stuhl benötigt wird. Wie das Cello verfügt auch der Kontrabass über einen ausziehbaren Stachel, mit dessen Hilfe die Spiel- bzw. Instrumentenhöhe ergonomisch auf den Musiker abgestimmt werden kann. Der Kontrabass wird während des Spielens meist in einer leicht schrägen Stellung (in Richtung Musiker geneigt) gehalten. Klassisch wird der Kontrabass mit dem Bogen gestrichen, mindestens genauso populär sind allerdings Pizzicato- und Slaptechniken im Jazz, Psychobilly und Rockabilly.

Vergleich der vier gängigsten Streichinstrumente

  Violine Viola Violoncello Kontrabass
Alternativname Geige Bratsche Cello Bassgeige
Saiten g-d`-a`-e`` c-g-d`-a` C-G-d-a (eine Oktave tiefer als die Viola) ,E-,A-D-G
Bünde nein nein nein nein
Familie Viola da Braccio Viola da Braccio Viola da Gamba Viola da Gamba
Länge des Korpus ca. 35-36 cm ca. 39-43 cm ca. 75-76 cm ca. 110 cm
Bogenlänge ca. 75 cm ca. 75 cm ca. 70 cm ca. 68,5 cm

Weitere Streichinstrumente

In den Beschreibungen unseres Ratgebers konzentrieren wir uns auf die gängigen Streichinstrumente Geige, Bratsche, Cello und Kontrabass. Neben diesen Streichinstrumenten gibt es aber auf der ganzen Welt noch eine Vielzahl weiterer, teilweise auch sehr ausgefallener, Streichinstrumente, von denen wir an dieser Stelle zumindest einige kurz vorstellen möchten.

Die Drehleier

Je nach Land und Region unterscheiden sich Drehleiern hinsichtlich ihres Korpus, ihrer Bauform und ihres gesamten Erscheinungsbildes relativ stark voneinander. Allen Instrumenten gemeinsam ist die Art und Weise, wie die Saiten dieses Streichinstrumentes angestrichen werden. Dies geschieht nämlich nicht, wie sonst bei Streichinstrumenten üblich, über einen vom Musiker geführten Bogen, sondern über ein im Instrument eingebautes Rad, das über eine Kurbel gedreht wird.

Französische Drehleier (BR, Kunst & Krempel)
Französische Drehleier (BR, Kunst & Krempel)
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Die Fidel

"Fidel" (manchmal auch mit "ie" geschrieben: "Fiedel") ist eine Bezeichnung, die in den allermeisten Fällen nicht wirklich klar definiert eingesetzt wird, sondern als relativ schwammiger Oberbegriff für eine Vielzahl von geigenähnlichen Streichinstrumenten Verwendung findet. Wer von einer "Fiedel" spricht, setzt mit dieser Bezeichnung oft absichtlich einen bewusst "legeren Unterton" an.

Auch im englischsprachigen Raum wird "fiddle" beispielsweise immer dann benutzt, wenn – in Abgrenzung zu ganz klassisch-"ernsten", konzertanen Spieleinsätzen der Violine – vom Einsatz des Instrumentes im Rahmen von volkstümlich-populärer Musik die Rede ist.

Und doch gibt es die historische Fidel: Sie entstammt dem Mittelalter, war äußerst populär und besaß meist fünf bis sieben Saiten. Ihr Korpus war flach, hatte aber im Gegensatz zur heutigen Violine eine eher ovale Form.

Der Oktobass

Der Oktobass ist noch um einiges größer als der Kontrabass und eine Oktave tiefer gestimmt als das Cello. Er hat drei Saiten und gilt mit einer Gesamthöhe von knapp dreieinhalb Metern als das größte Streichinstrument. Bedingt durch die Größe des Instruments steht der Streicher während des Spielens auf einem Podest. Die Saiten werden über Hebel statt mit den Fingern heruntergedrückt.

Die Rebec

Die Rebec ist eine kleine Geige mit arabischen Wurzeln und mittelalterliche Vorläuferin der modernen Violine. Die Saitenzahl variiert bei der Rebec, am häufigsten ist sie jedoch mit drei Saiten ausgestattet. Ihre Form wird häufig mit der einer halbierten Birne verglichen.

Alto Rebec Folkfriends
Alto Rebec Folkfriends
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Das Trumscheit

Das Trumscheit ist ein wirklich außergewöhnliches, historisches Streichinstrument, das ca. zwei Meter lang ist und nur eine Saite hat. Der Klang des Trumscheit erinnert teilweise an eine Trompete, weshalb dieses Instrument unter anderem auch als "Marientrompete" oder "Trompetengeige" bezeichnet wird.

Espacio Ronda - DELGADO, CARAZO - Natus est
Espacio Ronda - DELGADO, CARAZO - Natus est
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3. Wie funktioniert ein Streichinstrument?

E-Geige
Elektrisch verstärkte Streichinstrumente sind nicht auf einen normalen Resonanzkörper angewiesen, um Töne zu erzeugen bzw. die Schwingungen der Saiten zu verstärken. Sie eignen sich als Hingucker für Bühnenshows, im Zusammenspiel mit anderen lauten/verstärkten Instrumenten und zum leisen Üben mit Kopfhörern zu Hause.

Akustische und E-Streichinstrumente

Wie auch bei anderen Instrumenten – das bekannteste Beispiel sind wahrscheinlich Gitarren – gibt es auch bei den Streichinstrumenten solche, die rein akustisch "funktionieren" und andere, die elektronisch verstärkt werden.

Bei akustischen Streichinstrumenten werden die Schwingungen, die über Bogen und Saiten erzeugt werden, auf den hohlen Instrumentenkorpus übertragen, wo dann die Tonerzeugung und Verstärkung im Resonanzkörper stattfindet.

E-Streichinstrumente verfügen hingegen über einen integrierten Tonabnehmer, der die Schwingungen, die über Bogen und Saiten erzeugt werden, als Audiosignale beispielsweise an einen Instrumenten-Verstärker weitergibt. Die Töne werden damit also nicht über den Instrumentenkorpus hörbar/laut gemacht, sondern über den Verstärker und Lautsprecher.

Das Streichen

Erzeugen eines andauernden Tons

Streicht man mit dem Bogen über eine Saite, wird im Gegensatz zum punktuellen Zupfen einer Saite ein länger andauernder Ton erzeugt. Der Bogen wird so geführt, dass er auf der Saite vor- und zurückgleitet.

Während des Streichens in eine Richtung haftet die Saite bis zu einem gewissen Punkt am Streichbogen. Sie wird mit der Bewegung des Bogens in eine Richtung gezogen und damit solange in die Bogen-Bewegungs-Richtung gespannt, bis die Spannung zu groß wird, die Saite sich aus der Bogenhaftung löst und zurückschnellt.

Dieser Prozess wiederholt sich während des Streichens permanent – und zwar n einer Schnelligkeit, die mit dem bloßen Auge nicht erkennbar ist. Die angestrichene Saite schwingt dauerhaft, aber sie schwingt nie vollständig aus, solange sie mit dem Bogen "bearbeitet" wird. Dieser Vorgang wird "Reibschwingung" oder "Stick-Slip-Effekt" (to stick = hängenbleiben, to slip = abrutschen) genannt und erzeugt einen charakteristischen, obertonreichen Klang.

Rosshaar und Kolophonium

Um den Stick-Slip-Effekt (siehe oben) optimal zu unterstützen, wird der mit Pferdehaar bespannte Bogen regelmäßig mit Kolophonium eingestrichen. Kolophonium ist ein Harzprodukt, das für eine gute Haftung der Bogenbespannung an der Saite sorgt.

Je dicker die Saiten eines Streichinstrumentes sind (zum Beispiel Kontrabass im Vergleich zu Geige), desto weicher ist in der Regel das Kolophonium, mit dem der zugehörige Streichbogen bestrichen wird, da weicheres Kolophonium für mehr Haftung sorgt als weniger weiches. Nach längerer Zeit kann es passieren, dass das Kolophonium austrocknet. Dann ist es an der Zeit, sich ein neues Stück Kolophonium zu kaufen, da sonst die Klangqualität leiden könnte.

Kolophonium

Kolophonium gibt es in unterschiedlichen Konsistenzen und Ausfertigungen.

4. Welche Teile hat ein Streichinstrument?

Schnecke, Wirbel, Wirbelkasten und Sattel einer Violine.

Schnecke

Die Schnecke bildet den charakteristischen Abschluss des Instrumentenhalses bzw. des Wirbelkastens und ist oft ein Kunstwerk für sich. Sie hat eine rein dekorative Funktion.

Wirbel

Metallwirbel eines Kontrabasses
Metallwirbel eines Kontrabasses

Wirbel sind drehbare Stifte mit konischen Schäften, auf denen die Saitenenden befestigt bzw. aufgedreht werden. Die Saitenspannung wird über die Wirbel justiert und das Instrument hierdurch gestimmt. Während Geigen und Bratschen meist ganz einfache Wirbel haben, verfügen Celli oft über Stimmwirbel mit einem integrierten Getriebe, die eine Feinstimmung direkt über diese Wirbel ermöglichen.

Die Wirbel von Violine, Bratsche und Cello bestehen in der Regel aus Hartholz, die Wirbel des Kontrabasses werden aus Metall gefertigt. Kontrabass-Wirbel haben außerdem ein Gewinde und eine andere mechanische Funktionsweise als die normalen, einfachen Wirbel.

Wirbel sind nicht nur für die Stimmung, sondern auch für die Stimmstabilität des Instruments entscheidend. Der Konus des Wirbels (bei Violinen, Bratschen und Celli) muss mit dem Konus des Wirbelloches übereinstimmen, damit der Wirbel stabil sitzt. Allerdings sind Wirbel natürlich immer auch einem gewissen Verschleiß ausgesetzt, was im Laufe der Zeit zu Veränderungen führen kann.

Wirbelkasten

Das Pendant zur Kopfplatte bei Gitarren ist bei Streichinstrumenten der Wirbelkasten. Er nimmt die Wirbel auf – entweder über Wirbellöcher (Violine, Viola, Violoncello) oder über seitlich befestigte Mechaniken (Kontrabass). Typisch für die Wirbelkästen von Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass ist die Schnecke, die den Abschluss dieses Bauteils bildet.

Sattel

Der Sattel – auch "Obersattel" genannt – befindet sich am Ende des Griffbretts vor dem Wirbelkasten. Seine Funktion besteht darin, die Saiten zu führen, also dafür zu sorgen, dass sie in ihrer Position nicht verrutschen. Zu diesem Zweck befinden sich im Sattel eingearbeitete Kerben, durch die die Saiten laufen. Liegen die Saiten zu tief in diesen Kerben (zum Beispiel wenn die Kerben von vornherein zu tief gearbeitet sind) oder hängen die Saiten zu fest in den Kerben, führt dies zum schnelleren Reißen der Saiten.

Griffbrett, Decke und Zargen einer Violine.

Griffbrett

Griffbretter müssen den Druck der Saiten möglichst gut "aushalten" können, also gewissen mechanischen Herausforderungen genügen, und werden unter anderem aus diesem Grund normalerweise aus möglichst harten Hölzern gefertigt. Ein besonders beliebtes Material für Griffbretter ist Ebenholz. Im Gegensatz zu Gitarren haben Streichinstrumente keine Bünde. Man muss als Streicher also in der Lage sein, die richtigen Töne auch ohne diese Orientierungshilfe zu finden.

Auch wenn Griffbretter aus sehr strapazierfähigen Hartholzsorten hergestellt werden, so kommen sie um verschiedene Macken und Abnutzungen im Laufe der Zeit doch nicht herum. Typisch sind zum Beispiel kleine Kratzer auf der Griffbrettoberfläche, die durch defekte Saiten, deren Umwicklung sich teilweise gelöst hat, entstehen können. Aber auch die ganz normale Abnutzung der glatten Oberfläche durch das Schwingen bzw. Aufschlagen der Saiten lässt sich nach einer gewissen Zeit nicht vermeiden. Reparaturen bzw. Überholungsarbeiten am Griffbrett sollten grundsätzlich nur von Fachleuten durchgeführt werden.

Decke

Die Decke, also die Oberseite des Korpus, wird bei Streichinstrumenten meistens aus massivem Fichtenholz gefertigt. Sie hat großen Einfluss auf den Klang des Instruments. Fichtenholz ist leicht, weich und verfügt über eine hohe Elastizität. Fichtendecken lassen sich extrem gut in Schwingung versetzen. Allerdings ist Fichte weniger gut in der Lage, einen Ton dann auch zu halten. Diese Eigenschaft, länger nachzuschwingen, hat wiederum Ahornholz. Deshalb wird Ahornholz auch meist für die Zargen und den Boden von Streichinstrumenten verwendet.

Die Decke ist bei Streichinstrumenten gewölbt und hat zwei Schalllöcher in f-Form (mehr hierzu weiter unten). Gewölbte Decken werden traditionell geschnitzt – früher durchgehend von Hand, heute oft auch mit Hilfe computergesteuerter CNC-Fräsen.

Zargen

Die Zargen sind die Seitenwände des Instruments und werden bei Streichinstrumenten, so wie auch der Boden und der Hals, sehr häufig aus Ahornholz gefertigt. Im Gegensatz zum Boden und zur Decke werden die Zargen mit einem sogenannten Biegeeisen in ihre Form gebracht.

F-Löcher, Steg, Saitenhalter und Feinstimmer einer Violine.

F-Loch

Während die Schalllöcher von Gitarren meistens rund sind, haben Streichinstrumente typischerweise Schalllöcher in f-Form. In einer 2015 von US-Forschern durchgeführten wissenschaftlichen Untersuchung stellte sich heraus, dass die Form dieser f-Schalllöcher tatsächlich eine wesentliche Rolle für die Güte des Klangs spielt. Zuvor war man hiervon nicht unbedingt ausgegangen. Man hatte den Zweck der F-Löcher in erster Linie dahingehend beschrieben, dass diese die Schwingungseigenschaften der Instrumentendecke optimal unterstützen (was ebenfalls richtig ist).

Stimmstock

Über das F-Loch wird übrigens auch ein anderer, sehr wichtiger Bestandteil des Streichinstrumentes platziert: der sogenannte Stimmstock, oft auch "Seele" oder "Stimme" genannt. Beim Stimmstock handelt es sich um einen kleinen Holzzylinder, der im Innern des Streichinstrumentes zwischen Decke und Boden positioniert bzw. eingeklemmt wird. Der Stimmstock hat, auch abhängig von seiner Positionierung, einen sehr großen Einfluss auf den Klang und die Lautstärke eines Streichinstrumentes.

Die Geheimnisse des Geigenbaus
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Steg

Der Steg überträgt die Saitenschwingungen auf den Korpus des Instruments. Bei Streichinstrumenten ist der Steg "lose", das heißt er wird alleine durch den Druck der Saiten auf seiner Position gehalten. Er wird mittig zwischen den F-Löchern (und damit auch mittig zum Griffbrett) positioniert, und zwar üblicherweise auf Höhe der kleinen Einkerbungen, die man am langgezogenen Bogen der F-Löcher findet ("F-Loch-Kerben).

Violine Steg aufstellen und spielfertig machen
Violine Steg aufstellen und spielfertig machen
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Da der Steg einiges an Druck aushalten muss, wird er meist, wie auch der Boden und die Zargen des Instruments, aus hartem Ahornholz oder einer anderen Hartholzsorte gefertigt.

Saitenhalter

Am Saitenhalter werden die Saiten des Streichinstrumentes fixiert. Während Saitenhalter bei Gitarren in den meisten Fällen fest an der Korpusdecke fixiert sind, sind sie bei Streichinstrumenten "lose", das heißt sie sind nur mit ihrem unteren Ende über eine sogenannte Henkelsaite am Endknopf (Violine und Viola) bzw. am oberen Teil des Stachels (Cello und Kontrabass) des Streichinstrumentes befestigt, während der Rest, also im Prinzip die komplette Fläche des Saitenhalters, über dem Instrumentenkorpus quasi in der Luft schwebt.

Die Saitenhalter von Streichinstrumenten schweben quasi über der Instrumentendecke.

Auf diesem Foto ist gut zu erkennen, dass der Saitenhalter des Cellos oberhalb der Decke in der Luft "schwebt", also so gut wie keinen Kontakt mit dem Korpus hat. Die Henkelsaite, mit der der Saitenhalter am oberen Teil des ausziehbaren Stachels befestigt ist, kann aus verschiedenen Materialien bestehen (Tierdarm, Metalldrähte, Kunststoffe) und ist abhängig hiervon mehr oder weniger flexibel.

Der Saitenhalter ist normalerweise aus demselben Holz gefertigt wie das Griffbrett und die Wirbel des Instruments. Die Saiten werden am Saitenhalter im ungespannten Zustand einfach durch Einhängen befestigt, dann über den Steg und den Sattel zum entsprechenden Wirbel geführt und dort fixiert, aufgewickelt und gespannt.

Feinstimmer

Sehr oft (aber nicht zwangsweise!) haben Streichinstrumente sogenannte Feinstimmer, mit denen es möglich ist, die entsprechende Saite äußerst präzise zu stimmen. Feinstimmer werden am Saitenhalter angebracht und zum Stimmen der Saite zusätzlich zur normalen Stimmmechanik (Wirbel) eingesetzt. Gestimmt wird über eine kleine Schraube, die Bestandteil des Feinstimmers ist. Feinstimmer sind als Bauteil am Instrument austauschbar und wurden entwickelt, um die Spannung vor allem der gebräuchlichen Stahlsaiten möglichst fein justieren zu können. Lässt sich ein Feinstimmer bzw. dessen Justierschraube nicht mehr einwandfrei drehen, hilft ein Tropfen Öl (z. B. Nähmaschinenöl).

Kinnhalter und Schulterstütze

Kinnhalter kommen beim Spielen von Violine und Viola zum Einsatz. Sie werden am Instrument befestigt und sorgen für einen guten, komfortablen Halt des Instruments zwischen Kinn und Schulter. Kinnhalter gibt es in vielen unterschiedlichen Formen und Ausfertigungen (Tiefe der Mulde, Material). Zusätzlich zum Kinnhalter empfiehlt sich die Verwendung einer Schulterstütze.

Kinnhalter kommen im Zusammenhang mit Geige und Bratsche zum Einsatz.

Kinnhalter werden für das Spielen von Geigen und Bratschen verwendet.

5. Was für Saiten haben Streichinstrumente?

Streichinstrumente werden mit Darm-, Kunststoff- oder Stahlsaiten gespielt, wobei Darmsaiten (die historisch älteste Saitenart) heute immer mehr in den Hintergrund rücken. Das Material – Darm, Kunststoff oder Stahl – bezeichnet immer den Kern der Saite, der wiederum mit einem metallischen Material, zum Beispiel mit Silber, Aluminium u. a., umwickelt ist. Stahlsaiten sind besonders beliebt, weil sie sehr robust sind.

Welche Saiten sind für wen die richtigen?

Die Saitenwahl ist prinzipiell eine subjektive Geschmackssache. Allgemein empfehlen sich jedoch für Anfänger vor allem möglichst stimmstabile und robuste Saiten, während im professionellen Bereich ein möglichst strahlender Klang im Vordergrund steht.

Saite aufziehen - So geht's!
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6. Der Bogen

Die Bögen der verschiedenen Streichinstrumente unterscheiden sich bezüglich ihrer Länge (siehe auch Vergleichstabelle der vier gängigsten Streichinstrumente), ihres Gewichts und der Lage ihres Schwerpunktes. Normalerweise könnte man vermuten, die Bogenlänge würde vielleicht mit der Größe des zugehörigen Instruments "wachsen". – Aber das Gegenteil ist der Fall: die Violine verwendet den längsten Bogen, der Kontrabass den kürzesten.

Deutsche und französische Bogenform

Vom grundsätzlichen Aufbau her gleichen sich die Bögen der verschiedenen Streichinstrumente. Eine Besonderheit gibt es allerdings bei den Bögen für den Kontrabass. Hier existieren zwei Bogenformen: die deutsche und die französische Form unterscheiden sich hinsichtlich der Größe des Frosches. Bei der deutschen Bogenform ist der Frosch größer und der Bogen insgesamt etwas kürzer, bei der französischen Bogenform ist der Frosch kleiner und der Bogen etwas länger als bei der deutschen Form. Hintergrund der zwei unterschiedlichen Bogenformen ist die jeweilige Art und Weise, mit der der Bogen gehalten wird: "Untergriff" (deutsche Form) versus "Obergriff" (französische Form).

Was ist was beim Streicherbogen?

Frosch

Mithilfe des sogenannten Froschs wird das Bogenhaar gehalten und gespannt. Er dient außerdem während des Spielens als Fingerstütze. Der Frosch ist hohl. In seinem Inneren ist eine Schraubvorrichtung untergebracht, mit deren Hilfe das Bogenhaar gespannt wird.

Beinchen

Das Beinchen ist ein drehbares Bauteil, das mit der Schraubvorrichtung im Innern des Frosches verbunden ist. Über das Beinchen wird das Bogenhaar gespannt und entspannt.

Bogenhaar

Beim Bogenhaar – auch "Bezug" genannt – handelt es sich um Rosshaar aus Pferdeschweifen (aufgrund der besonderen Struktur bevorzugt von Hengsten), das zum Teil über einen Meter lang ist. Es ist ein ganz wesentlicher Bestandteil des Streichbogens. Der Bezug für einen Violinenbogen besteht aus etwa 150 Haaren.

Daumenleder und Wicklung

Das Daumenleder soll den Bogen vor Handschweiß schützen und die Griffigkeit verbessern. Gemeinsam mit der Umwicklung erfüllt es außerdem die Funktion, das Gewicht an dieser Stelle des Bogens zu erhöhen und damit gezielt den Schwerpunkt optimal zu verlagern, sodass der Bogen möglichst gut vom Musiker geführt werden kann.

7. Wie bewahre ich mein Streichinstrument auf?

Streichinstrumente können sehr stark auf Umwelteinflüsse reagieren. Ganz besonders sollten die Faktoren Temperatur und Luftfeuchtigkeit beachtet werden, um dem Instrument nicht zu schaden. Natürlich sollte ein Streichinstrument niemals Extembedingungen ausgesetzt werden: Hohe Temperaturschwankungen sind der Feind eines jeden Instruments, lassen das Holz arbeiten und provozieren Risse. Hohe Temperaturen, die zum Beispiel in einem geschlossenen bei Sonnenstrahlung entstehen, können dazu führen, dass der Lack, mit dem das Instrument überzogen ist, weich wird und Tücher, die um das Instrument gewickelt sind, mit dem Lack verkleben. Das Streichinstrument sollte auch nie zu nah an Heizkörpern aufbewahrt werden.

Dagegen ist eine etwas höhere Luftfeuchtigkeit eher von Vorteil. Optimal ist eine relative Luftfeuchtigkeit von etwa 45-65%. Um für ein gutes Raumklima zu sorgen, hilft es bis zu einem gewissen Maße, Pflanzen im Zimmer aufzustellen oder aber sich ein Luftbefeuchtungsgerät anzuschaffen. Bei längeren Spielpausen sollte das Instrument auf jedem Fall in einem passenden Etui aufbewahrt werden. Geigen und Celli an der Wand mögen zwar sehr dekorativ sein, solche Aufbewahrungsorte sind aber alles andere als vorteilhaft.

8. Für jedes Alter das passende Streichinstrument

Streichinstrumente gibt es auch in speziellen Größen für Kinder. Ausgehend von der gängigen (Erwachsenen-) Instrumentengröße (4/4) gibt es mehrere Größenunterteilungen, die vor allem auch die Armlänge (bzw. beim Kontrabass die Augenhöhe) des Kindes berücksichtigen. Nur mit einem Instrument, das möglichst gut an die Körpergröße angepasst ist, wird eine unverkrampfte, bequeme Spielhaltung für das Kind möglich. Beginnen Erwachsene, Kontrabass zu lernen, wird auch ihnen empfohlen, mit der am weitesten verbreiteten Kontrabassgröße 3/4 zu beginnen.

Violine/Bratsche/Cello Größe Armlänge Alter
  1/16 35 - 43 cm ca. 3 - 5 Jahre
  1/8 43 - 45 cm ca. 4 - 6 Jahre
  1/4 45 - 50 cm ca. 5 - 7 Jahre
  1/2 50 - 56 cm ca. 6 - 9 Jahre
  3/4 56 - 60 cm ca. 8 - 11 Jahre
  4/4 ab 60 cm ab ca. 10 Jahren
Kontrabass Größe Augenhöhe Alter
  1/8 ab ca. 130 cm ca. 8 - 10 Jahre
  1/4 ab ca. 140 cm ca. 9 - 12 Jahre
  1/2 ab ca. 150 cm ca. 11 - 14 Jahre
  3/4 ab ca. 165 cm ab ca. 14 Jahren und Erwachsene

Bei Violinen gibt es noch einen pfiffigen Trick, um zu beurteilen, ob das Instrument die richtige Größe für das Kind hat: Wird die Violine am Hals angesetzt, sollte der Violinist die Schnecke des Instruments locker mit der Hand umgreifen können, ohne dass der Arm dabei ganz ausgestreckt ist. Der Arm sollte lediglich etwas angewinkelt sein.

Die Violine ist zu groß.

Die Violine ist zu klein.

Die Violine hat die richtige Größe.

9. Glossar

Bottesini-Bogen
Französischer Bogen; benannt nach dem italienischen Kontrabassisten und Komponisten Giovanni Bottesini (1821-1889).

Bund/Bundstäbchen
Unterteilung auf dem Griffbrett von Saiteninstrumenten, zum Beispiel bei der Gitarre. Bünde erleichtern u. a. die Orientierung auf dem Griffbrett.

Catgut
"Katzendarm"; missverständlicher englischer Begriff für Darmsaiten, die aus Schafs- oder Rinderdarm hergestellt werden.

Dragonetti-Bogen
Deutscher Bogen; benannt nach dem venezianischen Kontrabassisten Domenico Dragonetti (1763-1846).

Hygrometer
Messinstrument, mit dem man die Luftfeuchtigkeit bestimmt.

Konus
Kegelförmiger Körper; der Durchmesser des Stiftes/Körpers wächst mit zunehmender Länge gleichmäßig an.

Mensur
Der Begriff Mensur definiert bei Musikinstrumenten bestimmte Größenverhältnisse, wobei die Bezeichnung je nach Instrumentengruppe unterschiedlich verwendet wird. Bei Streichinstrumenten entspricht die "allgemeine" Mensur der Länge der schwingenden Saiten, also dem Abstand zwischen Sattel und Steg. Darüber hinaus werden bei Streichinstrumenten aber teilweise auch noch differenziertere Mensurbegriffe, zum Beispiel "Halsmensur" oder "Deckenmensur", verwendet.

Perno
Ital. = Sift, Stütze, Zapfen; ausziehbarer Stachel des Violoncellos.

Pizzicato
Zupfen der Saiten mit der rechten Hand, statt sie mit dem Bogen zu streichen.

Rebek
auch Rebeck; siehe Rebec.

Resonanzkörper
Hohler Instrumentenkörper.

Rubeba
siehe Rebec.

Tailpiece
Engl. = Saitenhalter

Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am: 06.03.2020, Autor: Jutta Kühl.

Quellen/Bilder:
bogenbalance.de/blog/
corilon.com/shop/de/info/geige-tipps.html
crescendo.de/musikinstrument-1000020986/
de.wikipedia.org/wiki/Bogen_(Streichinstrument)
de.wikipedia.org/wiki/Bratsche
de.wikipedia.org/wiki/Datei:Cello_KSG_9829_PK.jpg
de.wikipedia.org/wiki/Datei:Robert_Landfermann_Unterfahrt_2010-05-14-004.jpg
de.wikipedia.org/wiki/Datei:Violin-Viola.jpg
de.wikipedia.org/wiki/Decke_(Saiteninstrument)
de.wikipedia.org/wiki/Drehleier
de.wikipedia.org/wiki/Fidel
de.wikipedia.org/wiki/Haftgleiteffekt
de.wikipedia.org/wiki/Kolophonium
de.wikipedia.org/wiki/Kontrabass
de.wikipedia.org/wiki/Oktobass
de.wikipedia.org/wiki/Rebec
de.wikipedia.org/wiki/Saitenhalter
de.wikipedia.org/wiki/Saiteninstrument
de.wikipedia.org/wiki/Stimmstock
de.wikipedia.org/wiki/Streichinstrument
de.wikipedia.org/wiki/Trumscheit
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de.wikipedia.org/wiki/Violine
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de.wikipedia.org/wiki/Wirbel_(Musikinstrumentenbau)
geigenbau-esche.de/Geigenbau/Streichinstrumente/streichinstrumente.html
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geigen.ch/de/geschichte_der_violine.htm
gerbeth.at/Fachartikel_Bogenhaar.htm
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paganino.de/bratsche/
pixabay.com/de/geige-instrument-musik-musical-ton-1902925/
pixabay.com/de/photos/sologeiger-spielen-künstler-619154/
pixabay.com/de/violine-musik-instrument-ensemble-2506323/
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seidlgeigen.com
wissenschaft.de/technik-digitales/das-geheimnis-des-vollen-klangs/
youtube.com/watch?v=1QMKPtTS5Ms
youtube.com/watch?v=-CXprs4EP44