„Kennst Du noch das alte Lied? Kennst Du noch die alte Weise?“ fragt Heinrich Heine in einem seiner Gedichte. – Andacht, Nachdenklichkeit, Melancholie schwingen in dieser Frage mit. Und genau dieser Stimmungsmix ist ganz charakteristisch für viele Weisen und das Weisenblasen.
Als eine „Weise“ bezeichnet man ein Lied mit einer volkstümlichen, oft eher schlichten, einfachen Melodie, die gleichzeitig aber sehr gefühlsbetont und gemütvoll ist. Während (Volks-)Weisen im Sinne von Heimatliedern (in der ganz allgemeinen Bedeutung) natürlich auf der ganzen Welt existieren, ist das spezifische Weisenblasen allerdings eine typisch alpenländisch geprägte Tradition.
Weisen – geblasen mit Schönheit, Eleganz und Ausdruck
Beim Weisenblasen werden vor allem alpenländische Weisen – darunter auch Jodler – und Kirchenlieder von kleineren Bläsergruppen dargeboten. Die Formation umfasst dabei meistens nur eine Handvoll Bläser (zwei, drei, vier, fünf …), die die traditionellen Stücke mehrstimmig interpretieren. Die Harmonie der Instrumente und die Reinheit der Intonation spielen bei der Darbietung eine ausgesprochen wichtige Rolle.
„Weisenblasen ist das Streben nach klanglicher Vollkommenheit.“
[Marcus Graf, Weisenbläser, Stadtkapelle Schongau, Leiter Musikschule Pfaffenwinkel]
Die ideale Besetzung zum Weisenblasen
Das Weisenblasen kann zwar grundsätzlich auch mit Holzbläserensembles erfolgen, meistens jedoch sind es Blechbläserformationen, welche die Weisen darbieten. Ein Grund hierfür mag darin liegen, dass das Weisenblasen oft auch im Freien – an einem See, auf einem Berg, in der freien Natur – stattfindet und der kräftigere Klang von Blechblasinstrumenten die Melodie in solchen Umgebungen besonders gut und weit trägt. Die Atmosphäre des Weisenblasens unter freiem Himmel ist sowohl für die Bläser als auch für die Zuhörer besonders ergreifend und in manch stressiger (Alltags-)Situation purer Balsam für die Seele.
Besonders gut harmonieren beim Weisenblasen zum Beispiel folgende Instrumente:
- zwei Flügelhörner
- ein Flügelhorn und ein Tenorhorn
- ein Flügelhorn und eine Basstrompete
- oder in einer größeren Formation: zwei Flügelhörner, ein Waldhorn, eine Posaune und eine Tuba
„Beim Weisenblasen kann der Bläser sein ganzes Herz in die Musik legen.“
[Angelika Maier-Felix, Weisenbläserin, Blaskapelle Bad Bayersoien, Bezirksdirigentin im MON Bezirk Werdenfels]
Aspekte der Spielweise: so wird aus einer Weise ein Kunstwerk
Es ist eine besondere Kunst, das Beste aus einer einfachen Weise herauszuholen. Ganz oben auf der Liste steht der Begriff der Harmonie, wenn es ums Weisenblasen geht. Das Gespür der Bläser für die miteinander in Einklang stehenden Empfindungen zur Gestaltung von Phrasen und Aushaltern ist ebenso wichtig wie ein stabiler Ansatz, ein befreiter, vollklingender – also „großer“ – Sound, eine reine Intonation und ein möglichst optimaler Klangausgleich, also die richtige Ausgewogenheit von Lautstärke, Tonhöhe und Klangfarbe beim Spielen des Stücks. Wahrhaftig gefühlt und verinnerlicht wird so aus einer einfachen Melodie ein lyrisches Kunstwerk, das im tiefsten Inneren lange nachhallen wird …
Foto:
Weisenblasen auf dem Soier See © Blaskapelle Bad Bayersoien